Einfach mal anders
Wann ist „Unternehmenskultur“ eigentlich so ein Riesenthema geworden? Ich kann mich nicht erinnern, dass sie – sagen wir vor zehn Jahren – als Begriff so populär war wie heute. Damals hat man in den Fachbereichen einer Organisation noch verächtlich mit der Nase gerümpft, wenn beispielsweise eine HR-Managerin mit „Kultur“ um die Ecke gekommen ist. „Business“ war wichtiger als so ein „weiches Thema“.
Heutzutage sind Unternehmenskultur und insbesondere ihre Veränderung in so ziemlich jeder Firma im Fokus. Ihr Einfluss auf den Geschäftserfolg wird kaum mehr bestritten – auch nicht von traditionsbewussten Managern.
Ich denke, der Wandel in den Köpfen hat viel mit der Digitalisierung und der damit verbundenen Dynamik und Komplexität zu tun. Die digitale Transformation gelingt nicht mit den Verhaltensweisen und Einstellungen aus dem Industriezeitalter. Deshalb ist sie auch immer eine kulturelle Transformation. Im digitalen Zeitalter kann ein Unternehmen kaum reüssieren, wenn es geprägt ist von starren Hierarchien, ausgeprägtem Silodenken und der Angst, etwas falsch zu machen.
Allerdings die Bedeutung von Kultur für den Unternehmenserfolg festzustellen, ist noch die leichteste Aufgabe. Auch „Kulturveränderung“ einzufordern, ist einfach. Doch wie geht Kulturwandel praktisch? Das Problem beginnt meist damit, dass es in den meisten Organisationen gar kein Bewusstsein dafür gibt, welche Kultur eigentlich besteht. Bekanntermaßen ist vieles nicht sichtbar und die Reflexion bezüglich der vorherrschenden Verhaltensmuster ist gering.
Und den noch ist der Wille, dem Kulturwandel einen Anstoß zu geben,in vielen Unternehmen groß. Nach dem Motto: Bloß keine Zeit verlieren, Analyse hält nur auf. Bei aller Eile sollten ber meiner Meinung nach drei Punkte bedacht werden:
- Kulturveränderung darf kein Selbstzweck sein.
- Es braucht immer auch die Veränderung hinsichtlich der strukturellen und prozessualen Dimensionen. Wer mehr Vernetzung will, darf es nicht bei Appellen belassen, sondern muss zum Beispiel ernst machen mit cross-funktionalen Teams oder der Abschaffung der Incentivierung individueller Leistung.
- Wer Wandel will, muss ausprobieren und experimentieren (lassen). Eine neue Meeting-Kultur entsteht nicht, wenn sie nur aufgeschrieben wird. Es muss auch gehandelt werden.
Kulturwandel ist schwer. Manchmal braucht es sogar eine Krise, damit sich was bewegt. Oder irgendwo in der Organisation machen ein paar Mitarbeitende mal etwas anders als sonst – und dann verbreitet sich „das Neue“, entsteht vielleicht eine Bewegung. Damit das möglich wird, reicht am Anfang, Freiraum zu haben, um Dinge auszuprobieren.
Jan C. Weilbacher, Chefredakteur