Der Architekt Klaus Kinold (1939-2021) hat als Fotograf wie kein anderer die ikonischen Werke der Architekturmoderne interpretiert, von den Meistern des Neuen Bauens, Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe oder Le Corbusier bis zu Zeitgenossen wie James Stirling oder Frank O. Gehry. Kinolds Credo lautet: »Ich will Architektur zeigen, wie sie ist.« – Aus dieser Ästhetik einer streng dokumentarischen Haltung resultiert die ebenso präzise wie einfühlsame fotografische Übersetzung eines architektonischen Ensembles, die die Auffassung des Architekten kongenial vermittelt. So vermag auch der Betrachter, der ein Bauwerk nicht selbst erleben kann, dessen Essenz in der Fotografie nachzuempfinden.
Egon Eiermann, bei dem Kinold in den 1960er Jahren in Karlsruhe Architektur studierte, lehrte den Fotografen, ein Bauwerk aus der Sicht des Architekten-Ingenieurs systematisch von der Konstruktion her zu erfassen. Mit diesem Wissen kann er dann die »Bauidee optisch fokussieren« (Winfried Nerdinger). Bereits nach Ende seines Studiums eröffnete Kinold ein Atelier für Architekturfotografie in München. Seither ist sein Werk in zahlreichen Einzelausstellungen international gewürdigt worden. Die Pinakothek der Moderne in München widmete Kinold 2009 eine umfassende Retrospektive.
Anlässlich des 100. Geburtstags des Bauhauses erschienen zwei Motive als Editionen aus Kinolds Serie zum Bauhausgebäude Dessau in hochwertigen, archivfesten Fine Art Prints auf Hahnemühle PhotoRag in streng limitierter Auflage von 30 Exemplaren. Das 1926 eröffnete, von Walter Gropius entworfene Gebäude steht heute stellvertretend für die Idee und Innovationskraft des Bauhauses wie für die Geschichte des Neuen Bauens. Das farbige Motiv von 1987 gibt den Blick in das Treppenhaus mit Fenstern und tiefroten Deckenflächen frei. Kinold selbst hat die Bedeutung der Fotografie für die Architekturrezeption betont: sie bietet Erklärungsmodelle und Lesarten an.
Die fotografischen Aufnahmen des ikonischen Bauwerks verdeutlichen wie kein anderes Medium die Grundidee des Bauhauses, die Walter Gropius bereits 1919 in seinem Bauhaus-Manifest niedergelegt hat: »Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei«.
Die Wirkung des Lichts in den modernen Bauwerken mit ihren großflächigen Stahl-Glas-Fassaden war dabei von besonderer Bedeutung für Walter Gropius: »Natürliches Licht, das sich ständig verändert, ist belebt und dynamisch. Das flüchtige Ereignis, das durch den Wechsel in der Beleuchtung eintritt, ist gerade das, was wir brauchen (...).«, schrieb der Architekt, der die Baukunst als »optische Kultur« begriff. Zeitzeugen beschrieben die Anziehungskraft des »Riesenlichtkubus« und die Leichtigkeit seiner »Glasmauern« von außen wie von innen.
© Walter Gropius, Bauhaus Dessau © VG Bild-Kunst, Bonn 2019